Wer im Freien arbeitet, sollte sich gut vor Zecken schützen, denn die Zahl der gefährlichen FSME-Infektionen nach Zeckenstichen nimmt wieder zu. Auch die häufiger vorkommenden Borreliennfektionen sind tückisch. BGHW-Arbeitsmedizinerin Dr. Maria Heitkemper gibt Tipps, wie Sie vorbeugen können und – falls es doch passiert – bei der Entfernung von Zecken richtig vorgehen.
Mit dem Frühling beginnt normalerweise die Zeckenzeit. Durch den Klimawandel und seine milderen Winter werden die Blutsauger jedoch zunehmend ganzjährig aktiv. Sind sie ab einer Temperatur von rund sieben Grad Celsius aus ihrer Winterstarre erwacht, warten sie auf potenzielle Wirte, also vorbeistreifende Tiere oder Menschen.
Achtung Wiese, Wald, Feld, Park, Garten…!
Was macht einen Zeckenstich so gefährlich? Über ihren Speichel kann die Zecke beim Zustechen und Blutsaugen Krankheitserreger auf den Menschen übertragen. Zu den häufigsten durch Zecken übertragenen Krankheiten gehören die Lyme-Borreliose (kurz Borreliose) und die Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (kurz FSME).
Bei der BGHW sind insbesondere Beschäftigte im Holz-, Pflanzen- oder Landhandel gefährdet. Sie bewegen sich öfter in niedriger Vegetation und sollten sich deshalb besonders gut schützen. Denn Zecken fallen zumeist nicht von den Bäumen, wie viele glauben, sondern sie wechseln durch Abstreifen von Grashalmen, Büschen und Laub auf ihre unfreiwilligen Wirte.
Dr. Maria Heitkemper, Arbeitsmedizinerin bei der BGHW, gibt Tipps, wie man Zeckenstichen und ihren Folgen vorbeugen kann:
Kleidung
Ratsam sind feste Schuhe, lange Hosen, langärmlige Jacken und Hemden oder Shirts. Kleidung aus hellen Stoffen ist günstig, denn darauf sind herumlaufende Zecken gut zu erkennen. Die Hosenbeine sollten in die Socken gesteckt werden. Auch Funktionskleidung mit anliegenden Abschlussbündchen an Armen und Beinen kann einen gewissen Schutz bieten. Wenn möglich, lieber auf festen Wegen bleiben und hohes Gras und Unterholz meiden.
Zecken-Check
Nach einem Aufenthalt in einer potentiell von Zecken bewohnten Umgebung sollte der Körper zeitnah möglichst gründlich nach Zecken abgesucht werden. Diese wandern zunächst einige Zeit auf ihrem Wirt umher, bis sie eine geeignete, geschützte Stelle auf der Haut finden. Die Blutsauger setzen sich besonders gerne an warmen, feuchten und gut durchbluteten Körperstellen und Hautfalten fest, etwa in den Kniekehlen, den Achselhöhlen oder an der Leiste. Oftmals verstecken sie sich auch hinter den Ohren oder am Haaransatz.
Zeckenabwehrmittel
Zecken abwehrende Präparate (sogenannte Repellents) können auf die Haut und die Kleidung aufgetragen werden. Allerdings gibt die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) in ihrer Broschüre „Vorsicht Zecken!“ zu bedenken: „Chemische Mittel sind nur begrenzt wirksam und können unter Umständen mit Gesundheitsrisiken verbunden sein.“ Zu ihrer Langzeitwirkung auf den Menschen lägen derzeit erst wenige Erfahrungen und Informationen vor. Der individuelle Nutzen und die Risiken müssten im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung abgewogen werden, so die DGUV. Auf jeden Fall ist es wichtig, die Angaben in der Packungsbeilage zu Wirksamkeit, Wirkdauer und Anwendung zu beachten.
Schnell reagieren – Zecken entfernen
Wird eine Zecke am Körper entdeckt, sollte sie möglichst schnell entfernt werden. Während die Übertragung von FSME-Viren schon innerhalb kurzer Zeit nach dem Stich erfolgt, dauert es jedoch einige Zeit, bis Borrelien übertragen werden. Die frühzeitige Entfernung der Zecke verringert also das Risiko einer Borrelieninfektion deutlich.
- Mit einer Zeckenzange, -karte, oder- schlinge, aber auch mit einer sehr schmalen gebogenen oder einer gekröpften Pinzette können Betroffene die Zecke vorsichtig herausziehen. Das Werkzeug danach gründlich reinigen.
- Dabei die Zecke hautnah am Kopf greifen und mit leichtem Zug entfernen, nicht herausdrehen. Sie darf auf keinen Fall am meist schon aufgeblähten Körper gepackt und gequetscht werden. Versuche, die Zecke mit Öl oder Klebstoff loszuwerden oder abzutöten sind unbedingt zu vermeiden. Die Gefahr besteht, dass die Zecke vermehrt in die Wunde speichelt und besonders viele Borrelien in den Stichkanal entleert.
- Nach der Entfernung die Einstichstelle desinfizieren und in den folgenden vier Wochen hinsichtlich Hautveränderungen beobachten. Hilfreich: Die Stelle mit einem Stift einkreisen oder fotografieren.
- Ereignet sich der Zeckenstich während der Arbeitszeit, sollte dieser zu Dokumentationszwecken im Verbandbuch erfasst werden.
Bei Zeichen einer Erkrankung (siehe unten) sollte rasch ein Arzt oder eine Ärztin aufgesucht und auf den vorausgegangenen Zeckenstich hingewiesen werden.
Symptome ernst nehmen
Lyme-Borreliose
Sie kommt flächendeckend in ganz Deutschland vor. Die Erkrankung wird durch bestimmte Bakterien (Borrelien) verursacht, eine Impfung ist zum Schutz bislang nicht möglich. Zeigt sich im Bereich der Einstichstelle eine flächige, runde Rötung, die typischerweise erst einige Tage nach dem Stich beginnt (mindestens drei Tage, oft auch erst nach ein bis drei Wochen) und sich langsam vergrößert (sogenannte Wanderröte), sollte rasch ein Arzt oder eine Ärztin aufgesucht werden. Denn sie kann ein Zeichen für eine Borrelieninfektion sein, die umgehend behandelt werden muss, um eine weitere Ausbreitung der Bakterien im Körper zu verhindern.
Borrelien können aber auch ohne Begleitung der typischen Wanderröte sehr unterschiedliche Erkrankungsbilder hervorrufen, die aufgrund ihrer vielfältigen Symptome nicht immer leicht zu diagnostizieren sind. So können zum Beispiel unspezifische Infektionszeichen, Hauterscheinungen, Gelenkbeschwerden, Symptome seitens des Nervensystems und Herzbeschwerden auftreten. Oft ist der Zeckenstich bis zum Auftreten der Erkrankung schon in Vergessenheit geraten.
Wird die Borrelieninfektion nicht frühzeitig erkannt und behandelt, können sich auch mit deutlich längerem zeitlichem Abstand zum Zeckenstich weitere chronische oder Spätformen der Borreliose einstellen. Diese können ebenfalls sehr uneinheitlich ausfallen und verschiedene Organe und Körperregionen betreffen, etwa Gelenke, Herz, Haut oder Nervensystem.
FSME
Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine Virusinfektion des zentralen Nervensystems mit sehr unterschiedlich leichten und schweren Verläufen. Die Inkubationszeit beträgt laut Robert-Koch-Institut (RKI) durchschnittlich sieben bis 14 Tage, in Einzelfällen bis zu 28 Tage. Gegen FSME kann man sich durch eine Impfung schützen. Das RKI verzeichnete im vergangenen Jahr 546 FSME-Erkrankungen, einen Anstieg von 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Mehrzahl der 2022 an das RKI gemeldeten FSME-Erkrankten war dabei gar nicht oder unzureichend geimpft, das heißt die Grundimmunisierung war unvollständig oder Auffrischimpfungen fehlten. Die Symptome sind zunächst ähnlich wie bei einer Grippe, können sich aber nach einer vorübergehenden Besserung bei einem Teil der Patienten weiterentwickeln mit Entzündungen in Gehirn und Hirnhäuten.
In Deutschland besteht ein erhöhtes Risiko für eine FSME-Infektion vor allem in Bayern und Baden-Württemberg, in Südhessen, im südöstlichen Thüringen, in Sachsen und seit 2022 auch im südöstlichen Brandenburg. Einzelne Risikogebiete befinden sich zudem in Mittelhessen, im Saarland, in Rheinland-Pfalz, in Niedersachsen, in Sachsen-Anhalt und in Nordrhein-Westfalen. Eine geografische Übersicht liefert die Karte der FSME-Risikogebiete des RKI.
Bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gibt es viele Informationen, unter anderem Steckbriefe über Borreliose und FSME in den sechs Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch, Türkisch, Russisch und Arabisch.